Als Kamil Ivecen vor acht Jahren das Lomo eröffnete, schossen in Mainz überall Bars wie Pilze aus dem Boden – seien es nun Cocktail-, Sport- oder Tapas-Bars. Doch Kamil interessierte sich mehr für Literatur und Lesen, also nannte er das Lomo kurzerhand Buchbar und setzte einen für das Rhein-Main-Gebiet ungewöhnlichen Akzent: Auf jedem Tisch ein Buch, im Hintergrund ein Regal voller Lesestoff. „Bei uns darf, kann, soll man lesen“, erzählt der türkischstämmige Inhaber, „und wenn ein Gast in sechs Stunden einen Roman ausliest und am Ende nur einen Milchkaffee getrunken hat, dann ist das völlig in Ordnung.“ Zum Glück hat er auch andere Gäste, denn es lohnt sich, neben dem Schmökern zu schmausen oder zu schlemmen.
Lomo steht übrigens für Lounge Moguntia – ein Name, der verpflichtet. Die Stühle etwa sind den Arne Jacobsen Sitzelementen nachempfunden, wie sie auch im Mainzer Rathaus zu finden sind. Die Mainzer Sektion von Amnesty International lädt hier regelmäßig zu Veranstaltungen ein. Lomo kooperiert auch mit dem Weltladen oder mit den Winzern vom Roten Hang in Nierstein.
Gefördert wird zudem literarischer Nachwuchs aus der Region, aber genauso oft sind große Literaten zu Gast. Im Februar etwa veranstaltet das Lomo die nunmehr 146. Lesung (siehe sensor Terminkalender) – Ulla Hahn war schon hier, Elke Heidenreich, Walter Mossmann oder Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller. „Wir bieten zudem regelmäßig Lesungen mit Migrationshintergrund“, so hat Kamil den deutsch-türkischen Schriftsteller Feridun Zaimoglu nach Mainz geholt, der den begehrten Ingeborg Bachmann Preis erhielt.
Lomo ist nicht nur Lounge und Lesebar, sondern auch Frühstücks-Treff, Café mit Kuchen, Restaurant mit mediterraner Küche und das sieben Tage die Woche. Am Herd agieren Kamils Brüder Özgür und Veli, der im Bassenheimer Hof bei Michael Müller gelernt hat. Empfehlenswert sind die „Aioli mit Baguette“ (3,30) oder „Lomos Tapas Variationen“ (8,60), originell: die kleinasiatische Vorspeisenplatte „Der Imam ist in Ohnmacht gefallen“ (7,80). Bei den Hauptspeisen gilt das Cous-Cous mit Gemüse (6,90) als Renner oder Rotes Curry, wahlweise mit Hähnchen, Schwein oder Garnelen (9,90). Für den sensor Geschmackstest hat Özgür einen wunderbar frischen Salat gezaubert mit zwei Garnelenspießen (6,90) – köstlich. Als Hauptgang präsentierte er „Lomos Rindersteak“ mit Ratatouille und Kartoffelgratin. Die Qualität war einwandfrei. Wer sein Fleisch nicht medium haben will, sollte es dazu sagen. Als kleinen Verbesserungsvorschlag wünscht sich sensor eine Pfeffermühle statt -streuer. Der Service ist flott und aufmerksam, ab 20 Uhr wird es im Keller lounge-schick und im Sommer kann man draußen auf dem Ballplatz sitzen.